Der älteste Turnplatz Westfalens im „Meißner Holze“ an der Preußischen Kluß in Minden

Englische Version: The first gymnastics field in Westphalia in the "Meißner Holze" at the Preussischen Kluß in Minden

Die folgenden Ausführungen beruhen auf Recherchen von Dr. Karl Schodrok

Die Bedeutung der ersten Turnplatzgründung auf dem Boden Westfalens im Jahre 1818 an der Preußischen Kluß im Meißner Holze steht in engen Zusammenhang mit der preußischen Militär- und Schulpolitik. Ziel war es, junge Männer körperlich zu ertüchtigen.

In der damaligen Bezirkshauptstadt Minden konnte die erste Turnanstalt Westfalens am 17. Juli 1818 an der Preußischen Kluß im Meißner Holze ihren Turnbetrieb aufnehmen.

Das Areal an der Preußischen Kluß im Meißner Forst, auf dem Gelände zwischen den heutigen Straße Clus und Holzweg, auf den Grundstücken links und rechts des Gerdsweges bot nach Auffassung von Dr. Faust ein ideales Gelände für einen Turnplatz. Auch was die Entfernung des Platzes von der Stadt Minden anbetraf, erfüllte er hervorragende Bedingungen, denn nach eigenen Erfahrungen des Hofrats benötigte man 45 Minuten, um den Wald zu Fuß von Minden aus zu erreichen. Hierbei folgte Dr. Faust den Vorstellungen Jahns, der die Übung im Gehen für Kinder ab dem 8. Lebensjahr für höchst nützlich hielt.

 001 1

Mit Schreiben vom 6 Juli 1818 wurde der Turnmeister Steineke aus Bückeburg offiziell durch die Mindener Bezirks-Regierung mit der Wahrnehmung der Aufgaben auf dem Turnplatz im Meißner Holze betraut.

Der Platz hatte eine Länge von 320 Fuß (ca. 100 m) und eine Breite von 240 Fuß (ca. 75 m), entsprach also etwa der Größe eines Fußballfeldes. Die Gesamtherstellungskosten für Erdarbeiten sowie für die gesamte Einrichtung mit Turngerätschaften beliefen sich auf 250 Reichsthaler, 14 g Groschen und, 3 Pfennig.

Ein Blick in die Namensliste‘ der Mindener Turnschüler: Es handelte sich um eine reine Schüler-Turngemeinschaft, deren 47 Mitglieder sich aus den sieben Stadtschulen rekrutierten. Sechs Schüler waren unter 10 Jahren, 40 Schüler waren 11 bis 15 Jahre alt und nur einer 18 Jahre alt. Aufgelistet nach den Kriterien Herkunft, Einkommen, Bildung und Berufsposition des Vaters ergibt sich bei den Turnschülern folgendes Bild:

16 Kinder gehörten zu Familien höherer Beamter,

15 Kinder gehörten zu Familien mittleren Bürgertums,

10 Kinder kamen aus dem Offiziersstand, darunter drei Kinder aus adeligen Familien.

Nur sechs Handwerkerkinder waren gegen einen Freischein zur Teilnahme zugelassen. Die Statistik zeigt, dass Kindern aus der sozialen Unterschicht, deren Väter Tagelöhner, kleine Handwerker bzw. Landarbeiter waren, der Turnplatz verschlossen blieb.

Aus Angst vor politischen Umsturzversuchen, deren Urheber die preußische Regierung in Kreisen der Turner vermutete, befahl König Friedrich Wilhelm II. bereits am 23. März 1820, die Turnplätze in Preußen endgültig zu schließen.

 001 2

Diese Karte zeigt die heutige Bebauung in dem Gebiet Clus / Holzweg / Gerdsweg.

Um 1800 erstreckten sich nördlich und südlich, der Clus große Waldgebiete.

Lediglich zwei Wohngebäude existierten damals: das Haus Siekmann (heute Clus 107) und das ehemalige Chausseehaus (Ecke Clus/Holzweg/Rintelner Straße).

Die Lage des Turnplatzes ist durch die Kataster-Urvermessung nachgewiesen und in der Urkunde dokumentiert und mit Punktraster dargestellt.

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern.