26.07.2012
TuSpo Meißen präsentiert sich mit "Jugend der Welt" beim Olympia-Express
Sportvereine MTV 1860, TV Jahn und TuSpo Meißen haben fleißig trainiert
Minden (jöw). "Vorsicht an der Bahnsteigkante, der Olympia-Express rollt ein." So in etwa wird es ab Samstag auch am "Bahnhof" Meißen heißen, wenn das Olympia-Komitee samt mitfahrendem Tross die Sportstätten für Mindens Bewerbung in Augenschein nimmt. Denn im Jahr 1916 - so die Idee der Theaterstück-Produzenten Bertram Schulte und Jürgen Morche - sollen in der Weserstadt die Spiele stattfinden.
Die Premieren-Fahrt ist Samstag um 19.30 Uhr ab Bahnhof Minden-Oberstadt, einer der Zwischenhalte ist Meißen. Am Theaterstück, das im Zug und an den Zwischenhalten entlang der Bahnstrecke aufgeführt wird, sind die Mindener Sportvereine MTV 1860, TV Jahn sowie TuSpo Meißen beteiligt.
"Unser Bahnhof ist fertig, das Stadion muss noch ein wenig herausgeputzt werden. Aber das bekommen wir noch hin", sagt Harald Pohlmann als Vertreter der beiden örtlichen Vereine TuSpo und Pro Meißen (bewirtschaftet dort das "Olympia"-Areal). Und er fügt sofort an: "Die Sportler haben fleißig trainiert und werden ihr Können in einer tollen Show präsentieren."
29.07.2012
Olympia-Express ist eine großartige Show
Mit viel Liebe zum Detail ausgestaltet
VON URSULA KOCH
Minden/Porta Westfalica (mt). Ach wäre das schön gewesen, wäre es wirklich so gewesen: Wir schreiben das Jahr 1912. Minden bewirbt sich mit viel Enthusiasmus und voller Leidenschaft für die Olympischen Spiele 1916. Das Volk ist begeistert von dieser Idee.
Stilecht: Das olympische Komitee.
Am Samstag startete der Olympia-Express zu seiner Jungfernfahrt und bot wieder Theater in vollen Zügen - und in allen Lebenslagen. Anders als vor vier Jahren, als Wagner-Anhänger gegen Verdi-Fans antraten, um das neue Stadttheater zu eröffnen, verfolgen Eisenbahnunternehmer Hugo Knethorter und Bierbrauer und Stadtrat Heinrich von Hopfenberg dieses Mal gemeinsam ihre leicht größenwahnsinnige Olympia-Idee. Das Premierenpublikum lässt sich von ihrem Enthusiasmus bereitwillig anstecken. Nach wenigen Minuten schon jubelt es und schwenkt Fähnchen.
Die Mischung, die Regisseur Jürgen Morche (Knethorter) und Autor Chris Kurbjuhn (Hopfenberg) da zusammengebraut haben, ist einfach zu köstlich, dazu mit einer Prise Klamauk gewürzt. Sie haben ihrer Fantasie wieder auf der Basis fundierter Faktenkenntnis freien Lauf gelassen und ein historisierendes Spiel erdacht, das sich vor 100 Jahren so hätte ereignet haben können. Für die stilechte Ausgestaltung sorgen Janine Pöhler (Kostüme, Szenenbild), Karen Friedrich (Kostüme) und Beate Schliwa, musikalisch gibt Stephan Winkelhake den richtigen Ton an.
Am Bahnhof Oberstadt begrüßen Knethorter und seine Sicherheitsbeauftragte Miss Agatha Christie (Evamaria Keding) mit Hopfenberg und seiner russischen Krankenschwester Anna Bolicker (Thea Luckfiel) das Internationale Olympische Komitee (das wird bei jeder Reise aus Zuschauern zusammengestellt) und die Mindener Delegation. Der gebürtige Berliner Knethorter lässt keine Chance ungenutzt, um zu zeigen, wie weltoffen und modern Minden ist. Und so bekommt Donna Lucia dAlvadorez (Markus Kiefer) noch bevor die Fahrt zu den künftigen olympischen Sportstätten startet, ihren ersten großen Auftritt auf einer veritablen Showtreppe: "Theres no business like showbusiness". Nur für Hopfenbergs Rede bleibt keine Zeit mehr.Die Lok pfeift: Abfahrt nach Meißen. Natürlich legt sich die Truppe während der Fahrt ins Zeug, die Reisegesellschaft von den Vorzügen Mindens zu überzeugen. Die Weser bietet die ideale Regatta-Strecke für die Ruder-Wettkämpfe. Das Stadion in Meißen präsentiert sich prachtvoll geschmückt.
Die Jahn-Damen turnen nach historischen Vorbildern.
Neben der Museumseisenbahn Minden haben die Olympia-Express-Initiatoren Morche und Bertram Schulte dieses Mal vier weitere Vereine als Unterstützer gewonnen: den Tuspo Meißen von 1892, TV Jahn Minden, MTV 1860 und Pro Meißen. Hier ist sogar ein Bahnsteig errichtet worden, damit Komitee und Delegation nicht selbst sportliche Höchstleistungen vollbringen müssen.
Sportdarbietungen fügen sich nahtlos ein
Deren Aktive gestalten ein Sportprogramm, das sich nahtlos in das Theaterstück einfügt. Die Kindergruppe aus Meißen glänzt mit formvollendeten Darbietungen mit Keulen und an einem ganz neuen Gerät namens "Barren". Die Jahn-Damenriege hat sich von historischen Fotografien inspirieren lassen und zeigt in noch heftig umstrittenem Dress - Damen in Kniebundhosen! - wie vor 100 Jahren geturnt wurde. Der MTV ist mit seinen Fechtern vertreten, die den Wandel ihrer Sportart vor Augen führen. Eine Ponykutsche führt den Sportler-Tross beim Einmarsch ins Stadion an, zum Abschluss zeigen zwei Reiterinnen Geschicklichkeit.
Die Turnerinnen schwingen stilecht die Keulen.
Nächster Halt ist Kleinenbremen: Im Festsaal des Lokals "Zur schönen Aussicht" soll das von Hopfenberg verfasste Versdrama "Der Sieg des Pelops" aufgeführt werden. Knethorter schiebt aber erst einmal die drei Damen mit einem Stepptanz - "das ist jetzt in London Mode" - ins Programm und Donna Lucia klaut sich die Zeit, um von "Griechischem Quark" zu singen. Die Stimmung zwischen Knethorter und Hopfenberg ist leicht gespannt, als Miss Agatha, gelehrige Schülerin von James Bond Senior, Sabotage aufdeckt. Jemand hat die Schauspieler in den Grille-Biergarten gelockt und so gründlich abgefüllt, dass sie erst in Stunden auftreten könnten. Die Bowle, die in der "Schönen Aussicht" ausgeschenkt werden sollte, ist vergiftet. Der Top-Spion "schwarzer Jaguar" hat seine Finger im Spiel.Jetzt gilt es, die Zuschauer mit dem Zug schnell in Sicherheit zu bringen. Hopfenbergs Versdrama erfährt einige rüde Kürzungen. Schluss mit Einigkeit, Knethorter und Hopfenberg geraten in Streit.
Die Jahn-Damen turnen nach historischen Vorbildern.
Grandios füllen alle Darsteller ihre Rollen aus, ob nun auf den diversen Bühnen oder während der Bahnfahrt: Markus Kiefer ist als Donna Lucia eine Wucht, flirtet mit sämtlichen Mitreisenden, was das Zeug hält und hat eine markante Stimme. Morche gestaltet Knethorter als weltgewandtes Schlitzohr, der Berliner Kurbjuhn spielt den bildungsbeflissenen bodenständigen Westfalen. Thea Luckfiel ist die einzige Amateur-Schauspielerin in der Truppe. Als russisch-handfeste Schwester Anna Bolicker, hält sie nicht nur Hopfenberg, sondern sämtliche Mitreisenden mit ihren "Froschpillen" fit. Mit den vielen Sportlern gibt das ein sehr engagiertes Ensemble, das nach dreieinhalb Stunden ein bestens unterhaltenes Publikum in die Nacht entlässt.
Das Publikum jubelt schon vor der Abfahrt für die olympischen Sache.
Weitere Theaterfahrten: 4. August, 1. und 22. September jeweils um 19.30 Uhr, 5. August, 2. und 23. September jeweils um 14.30 Uhr; Billets sind bei Express-Ticketservice (Obermarktstr. 26-30, Minden) zu lösen.
Zum Thema
Das Mindener Tageblatt hat nicht nur das Werden des Olympia-Express redaktionell begleitet. Es präsentiert die Produktion und gibt zu den Fahrten eine Sonderausgabe heraus, die das Programmheft ersetzt. Darin erfährt der Leser nicht nur allerlei über das Ensemble und Mindens ältesten Turnplatz, sondern vermittelt über originale Berichte und Kleinanzeigen aus dem Archiv des MT auch jede Menge Zeitkolorit. Jürgen Morche verrät auf MT-Online in einem Blog, wie die Sonderausgabe entstanden ist. Nach der letzten Fahrt des Olympia-Express steht das Extrablatt als E-Magazin zur Verfügung.